Alfred Dade

Die malerische Position, die der Künstler Alfred Dade einnimmt, bewegt sich zwischen figürlichem Expressionismus und einer Ausprägung der abstrakten Formfindung, die maßgeblich durch die Verwendung der Farbe und ihrer spezifischen Temperatur bestimmt ist. In diesem Sinne werden die expressiven Komponenten in seiner Malerei durch eine stark akzentuierte und bis an die Grenzen ihrer Kontrastmöglichkeiten getriebenen Farbigkeit unterstützt, die Dade mit seinen immer auf konkrete Inhalte bezogenen Motiven vernetzt und steigert.
Die Themen, die wir in den Gemälden Alfred Dades finden, haben immer wieder Bezüge zur eigenen Biographie, zum Krieg, zur Flucht, zur Verfolgung, zur Suche und verweisen über die Tagesaktualität hinaus stets auf Fragen menschlicher Existenz. Dade bezieht sich dabei durchaus auf Traditionen des Deutschen Expressionismus, was sich vor allen Dingen auch durch die wiederholte Verwendung des Triptychons manifestiert, das Dade als erzählerisches Modul seiner Motivgemälde einsetzt. Die im Triptychon in drei Szenen aufgegliederte Bildfläche - wie in der Arbeit "Das Wunder von Berlin" - erweist sich als Einheit und Dreiheit gleichermaßen. Das Gemälde zeigt drei scheinbar voneinander unabhängige Szenen, die zwar etwas mit dem Mauersturz und der neuen Einheit in Deutschland zu tun haben, die zum anderen aber unabhängig voneinander Bildwelten vorstellen, in denen verschiedene Fragen der Koexistenz und des neuen Aufbruches thematisiert sind. Die Bezüge zwischen den beiden Außen- und der Zentraltafel im Inneren sind dabei bewusst gebrochen und verweisen nur mittelbar durch die gleiche Farbigkeit in Anklängen aufeinander.
In einer der letzten Arbeiten "Die Schienen" verbindet Dade expressive und abstrakte Elemente direkt in einem Bild. Der im Bild gefasste quadratische Rahmen, der die flüchtenden Frauengestalten, die sich bepackt mit ihren Habseligkeiten und ihren Kindern auf einem langen Weg in die Freiheit zu machen scheinen, sind durch einen roten gemalten inneren Bildrahmen gleichsam isoliert, hervorgehoben und im übertragenen Sinne ins Zentrum des damit wieder "dreiteiligen" Bildes gestellt. Die malerischen Elemente überwiegen in dieser Arbeit vor den expressiven Formen und konzentrieren in der Mischung zwischen kalten und warmen Farbigkeiten im Spektrum des rot bis violetten Farbkanons den Ausdruck des Bildes selbst auf eine Atmosphäre von Farbigkeit und Duktus.
Neben den Gemälden gestaltet Dade auch Skulpturen. Die Bildsprache, derer er sich in seinen plastischen Arbeiten bedient, schöpft sich aus dem selben Potenzial abstrakt-expressiver Formensprache wie sie die Malerei belegt, verweist jedoch in seiner Geschlossenheit stärker auf Traditionen der Skulptur, die weniger erzählerische Elemente mit einschließen, als es in den Gemälden der Fall ist. Die Figuren, die er in Holz oder Bronze gestaltet, wirken eher versammelt und in sich geschlossen und beziehen ihren expressiven Ausdruck aus der Behandlung der Oberfläche und der Unmittelbarkeit ihrer Präsenz.


Dr. Gabriele Uelsberg