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Markus
Lüpertz
Für Alfred
Warum
hält ein Engel die Uhr an?
Menschengruppen überqueren Brücken oder besetzen sie,
hinter ihnen Gitter,
getragen oder montiert von Feuerwehrmännern,
oder
ein weißer Propeller belästigt eine freie Form,
die vielleicht doch etwas bedeutet.
Eine
unendliche Traurigkeit,
ein unendliches Mitleid,
ein unendliches Wollen,
Kunst zu machen,
wegzukommen von Vorgaben,
wegzukommen von Heimat,
von Vergangenheit,
von der selbstverständlichen Annahme wegzukommen,
Albaner malen so.
Probleme
hat das Land,
sucht Anschluß an die Moderne,
an die Zeit,
träumt oder weiß,
dass es keinen so großen Unterschied mehr gibt,
wenn es nur authentisch ist.
Wenn ihre heutigen Kunstäußerungen identisch bleiben,
nicht national, nicht albanisch.
Alfred
soll nicht die Erinnerung verlieren,
diese einmalige Erinnerung an seine Straße,
an seine Ferne,
Sehnsucht nicht verlieren,
den Geruch nicht ignorieren,
das Detail,
die kleine Arabeske,
die nur da und dort
adäquat bleibt
und Alfreds Rüstzeug,
Wissen und Eigenart ist.
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Schleicht
die Moderne um seine weinenden Mütter,
zerrt sie in die Kunst
und nimmt das Leid als Stil,
als Abstraktion -
die einzige Möglichkeit,
Aktualität malerisch zu bewältigen
und nicht auf Geschichte und Zeit zu warten,
die klassische Methode
und auch nicht falsch.
Erschießt
Alfred auf seinen Bildern Menschengruppen,
die erschrocken sind
nicht vor der Gefahr,
sondern vor der Indiskretion des Malers,
und mit dieser Aktualisierung
ihre Seelen dem Bilde ausliefern.
Sind die Bilder von Alfred
eine Gratwanderung
zwischen Aufbegehren und Weinen,
zwischen Malen und Erzählenwollen,
und so schürt er Auseinandersetzung,
die er mit Farbe zu ertränken sucht.
Alfred
albanisiert unsere Umwelt
und transportiert diese Resultate
auf Karren und gebückte Rücken
über Brücken und Panzersperren
und gestaunte Bauklötze hinweg
in einen Olymp,
der nur ihm vertraut ist,
und von dem nur er weiß.
Folgen
wir ihm
und staunen,
wie er uns sein Herz öffnet.
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